Ermittlung der Adressdaten des Abgemahnten bei Filesharing Abmahnungen
Viele Empfänger einer anwaltlichen Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzung im Zusammenhang mit Filesharing fragen sich, wie ihre Adresse ermittelt wurde. Denn zunächst macht ja kein Nutzer einer Internet-Tauschbörse freiwillig Angaben zu seiner Identität bzw. gibt seine Adressdaten an. Dennoch wird die urheberrechtliche Abmahnung an den richtigen Adressaten gerichtet.
Identifizierung des Anschlussinhabers über die IP-Adresse
Jeder Teilnehmer an Internet-Tauschbörsen ist über die IP-Adresse grundsätzlich bis zum Anschlussinhaber ermittelbar. Die IP-Adresse wird benötigt, um einen Computer innerhalb eines Computer-Netzwerkes eindeutig zu identifizieren. Damit das Filesharing in peer-to-peer Netzwerken funktionieren kann, müssen die am Datenaustausch beteiligten Computer über die ihnen zugewiesene IP-Adresse identifizierbar sein. Durch von der Musikindustrie beauftragte Antipiracy Unternehmen werden die IP-Adressen von Filesharing Nutzer ermittelt und protokolliert. Die Antipiracy Firmen nehmen dazu an peer-to-peer Netzwerken teil und starten Suchanfragen zu den von ihnen zu überwachenden Dateien (geschützte Werke der Rechteinhaber). Über die Teilnahme am peer-to-peer Netzwerk erhalten die Antipiracy Firmen die IP-Adressen der Nutzer, die diese Datei zum Download in Tauschbörsen anbieten. Diese Nutzer sollen abgemahnt werden. Doch wie gelangen die Rechteinhaber von der IP-Adresse zu Klarnamen und Adresse des Anschlussinhabers? Hierzu gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten.
Strafanzeige und Akteneinsicht im Strafverfahren
Die Rechtsanwälte der Musik- bzw. Filmindustrie können anhand der protokollierten Vorgänge (insbesondere IP-Adressen) eine Strafanzeige erstatten. In der Vergangenheit lief das so ab, dass den Ermittlungsbehörden beispielsweise durch die Rechtsanwälte der Film- und Musikindustrie die protokollierten Vorgänge, insbesondere die protokollierten IP-Adressen im Rahmen einer Strafanzeige (bzw. eines Strafantrages) zur Kenntnis gebracht wurden. Die Ermittlungsbehörden nehmen dann regelmäßig von Amts wegen Ermittlungen auf. Es werden die Inhaber der den IP-Adressen zu den protokollierten Zeitpunkten zugeordneten Internetanschlüsse zum Zwecke der Strafverfolgung ermittelt. Im Rahmen eines Akteneinsichtersuchens (§ 406e StPO) nehmen die Rechtsanwälte der Rechteinhaber dann Einsicht in die Strafakte und gelangen an die Klarnamen der Anschlussinahber. Diese können dann mit den bekannten Standardschreiben abgemahnt werden. Seit Umsetzung einer europäischen Richtlinie, der sogenannten ‚Enforcement-Richtlinie‘, in nationales Recht, können die Rechteinhaber auch einen Auskunftsanspruch unmittelbar gegenüber dem Provider geltend machen. Der ‚Umweg‘ über eine Strafanzeige ist nicht mehr erforderlich.
Auskunftsanspruch gegenüber dem Provider
Mit der Umsetzung der sog. ‚Enforcement-Richtlinie‘ in nationales Recht gibt es im Urheberrecht einenen Auskunftsanspruch, welcher u.a. unmittelbar gegenüber dem Internet-Service-Provider (ISP) geltend gemacht werden kann. Der Auskunftsanspruch ist geregelt in § 101 UrhG. Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nr. 30 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung jedoch eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist, vgl. § 101 Abs. 9 UrhG. Die Rechteinhaber machen von diesem Antragsrecht in automatisierten Massenverfahren Gebrauch und gelangen so recht unkkompliziert an die Adressen der Anschlussinhaber. Diese können nun wegen Urheberrechtsverletzung abgemahnt werden. Allerdings gibt es noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung dazu, in welchen Fällen genau die Provider die Daten herauszugeben haben bzw. wann die richterliche Anordnung zu versagen ist. Hier spielt beim Filesharing u.a. das Ausmaß und die Aktualität der getauschten Musiktitel eine Rolle. Besonders in der Vergangenheit waren die Ermittlungsbehörden mit den von der Musikindustrie initiierten massenhaften Strafverfahren völlig überlastet. Der zivilrechtliche Auskunftsanspruch hat insoweit zu einer Entlastung der Staatsanwaltschaften geführt.