LG Hamburg, Beschluss vom 25.11.2010 – 310 O 433/10: Haftung des Betreibers eines Internet-Cafés für Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing.
LG Hamburg, Beschluss vom 25.11.2010 – 310 O 433/10:
I. Im Wege einer einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung – wird dem Antragsgegner bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00; Ordnungshaft ingesamt höchstens zwei Jahre) verboten, den Film „T… E…“ auf einem Computer zum Abruf durch andere Teilnehmer von Filesharing-Systemen bereitzustellen und damit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens nach einem Streitwert von € 10.000,00 zu tragen. GründeDer auf Antrag der Antragstellerin ergangenen Entscheidung liegen prozessual die Regelungen der §§ 935 ff., 922 ZPO zugrunde, wobei die Zuständigkeit des Gerichts aus § 32 ZPO folgt. Der Verbots- und Unterlassungsanspruch folgt aus den §§ 97, 88 ff., 15, 19a UrhG, die Androhung der Ordnungsmittel aus § 890 ZPO. 1. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist zulässig, insbesondere ist die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg gegeben. Gegenstand des Verfahrens ist das widerrechtliche öffentliche Zugänglichmachen eines urheberrechtlich geschützten Filmes durch ein Filesharingsystem im Internet. Dies stellt eine unerlaubte Handlung dar, bei der neben dem allgemeinen Gerichtsstand auch der besondere Gerichtsstand gemäß § 32 ZPO eröffnet ist (Kefferpütz in: Wandtke/Bullinger, UrhG, 2. Auflage, § 105 Rn. 8). Nach § 32 ZPO ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die beanstandete Handlung begangen worden ist. Das ist jeder Ort, an dem auch nur eines der wesentlichen Tatbestandsmerkmale des Delikts verwirklicht worden ist, also nicht nur der Begehungsort, sondern auch der Erfolgsort (Kefferpütz, a. a. O., Rn. 13; Zöller-Vollkommer, Zivilprozessordnung, 27. Auflage, § 32 Rn. 16). Da der in das Internet gestellte Film auch in Hamburg aufgerufen werden konnte und zudem auch hiesige Nutzer anspricht, ist das Landgericht Hamburg gemäß § 32 ZPO örtlich zuständig (vgl. Kefferpütz, a. a. O., Rn. 15). 2. Die Antragstellerin hat das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen des tenorierten, aus § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG folgenden Unterlassungsanspruchs gegen den Antragsgegner dargelegt und glaubhaft gemacht. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der vorgerichtlichen Einlassung des Antragsgegners au dem Schreiben seines Rechtsanwaltes vom 17. November 2010. Durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung sowie von Auszügen aus Lizenzverträgen ist glaubhaft gemacht worden, dass der Antragsstellerin die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem verfahrensgegenständlichen Film unter anderem für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zustehen. Die Filmherstellerin A… V… Productions Inc. hat entsprechende Nutzungsrechte an die Firma N… übertragen, welche diese an die Antragstellerin im vorgenannten Umfange weiterübertragen hat. Es ist ebenfalls durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung sowie des Beschlusses des Landgerichts Köln vom 22. Oktober 2010, Az.: 223 O 481/10 glaubhaft gemacht worden, dass eine Datei, die diesen Film enthielt, am … 2010 um 18:35:37 Uhr unter der IP-Adresse … über eine Filesharing-Software (Peer-to-Peer-System) in einer sog. Tauschbörse im Internet der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist und heruntergeladen werden konnte. Dies stellt ein öffentliches Zugänglichmachen des Filmes im Sinne des § 19a UrhG dar, welches der Antragstellerin vorbehalten ist. Da es ohne ihr Einverständnis erfolgte, war es widerrechtlich. Der Antragsgegner hat für diese Rechtsverletzung einzustehen. Die oben genannte IP-Adresse ist aufgrund der bei der D… T… AG eingeholten Auskunft in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt nachweislich seinem Internetanschluss zugeordnet gewesen. Der Antragsgegner haftet als Anschlussinhaber jedenfalls nach den Grundsätzen der Störerhaftung verschuldensunabhängig auf Unterlassung. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er vorgerichtlich geltend gemacht hat, die Rechtsverletzung sei durch einen Kunden seines Internet-Cafes begangen worden. Das Überlassen des Internetzugangs an Dritte birgt die nicht unwahrscheinliche Möglichkeit in sich, dass von den Dritten Urheberrechtsverletzungen über diesen Zugang begangen werden. Dem Inhaber des Internetanschlusses sind Maßnahmen möglich und zumutbar, solche Rechtsverletzungen zu verhindern. So können insbesondere die für das Filesharing erforderlichen Ports gesperrt werden. Dass der Antragsgegner irgendwelche in diesem Sinne geeigneten Maßnahmen ergriffen hat, ist nicht ersichtlich. Dagegen spricht vielmehr der Umstand, dass es zu der vorliegenden Rechtsverletzung kommen konnte. Die dem Antragsgegner zurechenbare widerrechtliche Nutzung begründet die Vermutung einer Wiederholungsgefahr. Zur Ausräumung dieser Vermutung wäre neben einer Einstellung der Nutzung die Abgabe einer ernsthaften, unbefristeten, vorbehaltslosen und hinreichend strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung erforderlich gewesen (vgl. Möhring/Nicolini/Lütje, UrhG, 2. Aufl., § 97 Rn. 120, 125; Schricker/Wild, Urheberrecht, 3. Aufl., § 97 Rn. 42; Schulze/Dreier, UrhG, 3. Aufl., § 97 Rn. 41, 42; v. Wolff in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 2. Aufl., § 97 Rn. 34, 35). Die Abgabe einer solchen Erklärung ist von dem Antragsgegner erfolglos verlangt worden. Es besteht auch ein Verfügungsgrund. Dieser folgt grundsätzlich bereits aus der Wiederholungsgefahr. Im Übrigen hat die Antragstellerin die Sache selbst ausreichend zügig behandelt. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf den § 91 Abs. 1 ZPO. Der Gegenstandswert ist nach den §§ 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, 3 ZPO geschätzt worden.