Begrenzung der Abmahnkosten auf 100 Euro gemäß § 97a Abs. 2 UrhG

100 Euro Anwaltskosten bei Filesharing-Abmahnung gemäß § 97a Abs. 2 UrhG?

In diversen Internet-Foren zum Thema Filesharing kann man bisweilen lesen, dass auch bei einer begründeten und berechtigten Filesharing-Abmahnung die erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten allenfalls 100 Euro betragen dürften. Gestützt wird diese Behauptung auf die Regelung des § 97a Abs. 2 UrhG, wonach in bestimmten Fällen die Abmahnkosten von Gesetzes wegen auf 100 Euro zu begrenzen sind.

Die Vorschrift des § 97a UrhG lautet:

(1) Der Verletzte soll den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden.

(2) Der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung beschränkt sich in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100 Euro.

Bei Anwendbarkeit dieser Vorschrift kann der abmahnende Rechtsanwalt namens seiner Mandantschaft, d.h. den Rechteinhabern aus Film- und Musikindistrie, 100 Euro als Aufwendungsersatz für die durch die erste Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten geltend machen. Dies bedeutet aber nicht, dass dem abmahnenden Rechteinhaber nicht höhere Kosten entstehen können. Denn jenseits von möglicherweise unzulässigen Erfolgshonoraren und Kostenfreistellungen wird eine Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung durch einen Rechtsanwalt normalerweise nicht für 100 Euro pauschal zu bekommen sein. D.h. also, die abmahnenden Rechteinhaber müssten gegebenenfalls an ihre Rechtsanwälte höhere Vergütungen bezahlen, als sie später durch den Abgemahnten erstattet bekämen. Die Anwendbarkeit des § 97a Abs. 2 UrhG auf bestimmte Filesharing-Fälle bedeutet ferner nicht zwingend, dass auf den Rechtsverletzer später nicht höhere Kosten zukommen könnten. Denn die Vorschrift begrenzt der Höhe nach lediglich die durch den Rechtsverletzer zu erstattenden Rechtsanwaltskosten. Soweit seitens des Abgemahnten jedoch eine täterschaftliche Verletzungshandlung vorliegt, muss dieser gegebenenfalls auch Schadensersatz leisten. Und die Schadensersatzpflicht des Rechtsverletzer wird von der Vorschrift des 97a Abs. 2 UrhG gerade nicht der Höhe nach begrenzt.

Ist die Vorschrift des § 97a Abs. 2 UrhG überhaupt auf Filesharing-Fälle anwendbar?

Die Frage, ob die Begrenzung der erstattungsfähigen Abmahnkosten auf Filesharing-Fälle überhaupt Anwendung findet, kann nicht abschließend beantwortet werden, weil insofern noch keine höchstricherliche Rechtsprechung vorliegt. In der juristischen Fachliteratur finden sich sowohl Stimmen für eine Anwendbarkeit auf Filesharing-Fälle, als auch solche dagegen. Auch die Gerichte entscheiden bislang nicht einheitlich. Die Rechtsprechung hier im Einzelnen aufzugliedern, würde an dieser Stelle zu weit führen. Zusammengefasst kann jedoch gesagt werden, dass die Gerichte sich mit der Anwendbarkeit von 97a Abs. 2 UrhG auf Filesharing-Fälle eher schwer tun. Auch der BGH hat sich in seinem Filesharing-Urteil vom 12.05.2010, Az. I ZR 121/08 hierzu nicht geäußert. Zwar gab es in der Pressemitteilung zu dem Urteil noch Hinweise auf eine Anwendbarkeit der Vorschrift des 97a Abs. 2 UrhG. Im Urteil selbst findet sich hierzu jedoch nichts mehr. Ferner müsste aber wohl auch nach einem entsprechenden BGH-Urteil differenziert werden, in welchen Fällen genau die 100 Euro Begrenzung noch greifen soll und in welchen nicht mehr.

Frage der Anwendbarkeit von § 97a Abs. 2 UrhG auf Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen noch nicht abschließend geklärt

Wie gesagt ist die Frage, ob und inwieweit die 100-Euro Begrenzung bei Urheberrechtsverketzungen in Internet-Tauschbörsen greift, noch nicht abschließend geklärt. Der Hinweis auf die (mögliche) Begrenzung der erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten auf 100 Euro sollte – spätestens nach der Pressemitteilung des BGH zum Urteil „Sommer unseres Lebens“ – als Argument zur Abwehr der Forderung aber herangezogen werden. Da die abmahnenden Rechtsanwaltskanzleien aufgrund des fliegenden Gerichtsstandes bei Rechtsverletzungen im Internet für Klagen zudem regelmäßig einen Gerichtsstand mit einer den Rechteinhabern gewogenen Rechtsprechung wählen können, muss man als Filesharing-Abgemahnter derzeit aber davon ausgehen, vor Gericht die Verteidigung nicht erfolgreich auf die 100 Euro-Regelung
des 97a Abs. 2 UrhG stützen zu können.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.