Contentklau: Übernahme von SEO-Text
Unter Webmastern hat es sich längst herum gesprochen, dass man mit einfachen Mitteln der on page Optimierung die Auffindbarkeit von Webseiten in den Ergebnislisten von Suchmaschinen verbessern kann. Dabei spielt die Erstellung von auf die Funktionsweise von Suchmaschinen zugeschnittenen Texten eine nicht unwesentliche Rolle bei der erfolgreichen Suchmaschinenoptimierung. Umso ärgerlicher ist es natürlich, wenn der mühsam erstellte SEO-Text dann von Dritten übernommen wird. Dann stellt sich die Frage, ob die Übernahme eines für Suchmaschinen optimierten Textes eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Eine Urheberrechtsverletzung kann dann bejaht werden, wenn dem SEO-Text Urheberrechtsschutz zukommt, der Text als Sprachwerk also Schöpfungshöhe aufweist. Aus rechtlicher Sicht ist in diesem Zusammenhang problematisch, dass gerade kurze Trivialtexte auch nach dem Grundsatz der kleinen Münze nicht immer die für den Urheberrechtsschutz erforderliche Schöpfungshöhe aufweisen. Erreicht ein Text jedoch nicht die erforderliche Schöpfungshöhe, kann auch nicht nach urheberrechtlichen Grundsätzen gegen die Übernahme eines Textes vorgegangen werden.
Urheberrechtsschutz für suchmaschinenoptimierten Text auf Webseite
Allerdings lässt sich gegenüber Gerichten bisweilen erfolgreich argumentieren, dass sich die für Urheberrechtsschutz erforderliche Schöpfungshöhe aus der Gestaltung des Textes speziell für Suchmaschinen ergibt. Bereits im Jahr 2007 sprach das OLG Rostock einer Webseite Urheberrechtsschutz zu und argumentierte dabei mit erfolgreicher on page Suchmaschinenoptimierung.
In den Entscheidungsgründen des Beschlusses vom 27.06.2007 – Az.: 2 W 12/07 heißt es:
Weil die Suchmaschinen im Internet ihre Ergebnisse auf der Grundlage der in den Quelltexten enthaltenen sogenannten Meta-Tags sowie dem Auftreten der Suchbegriffe im Dokumententitel oder in Überschriften sortieren, kommt der zielführenden Verwendung der Sprache bei der Suchmaschinen-Optimierung erhebliche Bedeutung zu. Zur Vermeidung von Manipulationen halten die Betreiber von Suchmaschinen die genauen Parameter der Suchfunktionen allerdings geheim und veränderten sie im Verlauf der Zeit.
Um gleichwohl für eine gewisse Dauer die Auflistung der Webseiten an der Spitze der Suchergebnisse zu erreichen, bedarf es daher besonderer Kenntnisse und Fähigkeiten bei der Gestaltung des Internetauftritts. Dass die – vertraglich vereinbarte – Suchmaschinen-Optimierung hier gelungen ist. belegen die oben genannten Ergebnisse.
Darin liegt die persönliche geistige Schöpfung des Klägers im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG. Die Auswahl, die Einteilung und die Anordnung der Suchbegriffe aus der Alltagssprache auf den Webseiten und im Quelltext bilden hier die individuelle schöpferische Eigenheit des vom Kläger gestalteten Internetauftritts. Die Gestaltung mit Mitteln der Sprache erreicht die für die Urheberrechtsschutzfähigkeit hinreichende Gestaltungshöhe, denn sie übersteigt deutlich das Schaffen eines durchschnittlichen Webdesigners, das auf einer routinemäßigen, handwerksmäßigen und mechanisch-technischen Zusammenfügung des Materials beruht.
Die durch geschickte Auswahl und Anordnung der Schlüsselwörter erzielte Spitzenposition in der Suchmaschine beruht auf der eigenen geistigen Schöpfung des Klägers. Die auf diese Weise vorgenommene Gestaltung verschafft den Webseiten eine individuelle Prägung und hebt sie deutlich aus der Vielzahl durchschnittlicher Internetauftritte anderer Anbieter von Häusern heraus.
Urheberrechtsschutz für nur aus drei Sätzen bestehenden SEO-Text
Auch der Autor dieses Beitrages hat einst vor dem LG Köln Urheberrechtsschutz für einen aus nur drei Zeilen bestehenden Startseitentext bestätigt bekommen (LG Köln, Beschluss vom 17.12.2009, Az.: 28 O 861/09). Das Gericht folgte der Argumentation des Antragstellers, in der Gestaltung des Textes für Suchmaschinen die für einen Werkcharakter erforderliche persönliche geistige Schöpfung zu sehen. Antragsgemäß erließ das Gericht eine auf Unterlassung gerichtete einstweilige Verfügung gegen den „Content-Dieb“.
Vorschneller Urheberrechtsschutz für SEO-Texte kritisch zu bewerten
Sicherlich lässt sich der Werkcharakter eines Text mit der Auswahl und Anordnung der im Text verwendeten Wörter speziell für Suchmaschinen begründen. Allerdings ist die (mögliche) Tendenz der Rechtsprechung, Urheberrechtsschutz für SEO-Texte bereits dann zu gewähren, wenn die betreffende Webseite für bestimmte Keywords in den Google TOP 10 vertreten ist, kritisch zu bewerten. Die TOP 10 Position einer Website für bestimmte Keywords häng eben nicht (nur) von der Textgestaltung, sondern von vielen weiteren SEO-Faktoren ab. Eine TOP 10 Position in Google als Indiz für eine erfolgreiche SEO-Textgestaltung heranzuziehen, greift daher zu kurz. Insofern scheint es bei den Gerichten, aber möglicherweise auch bei den Anwälten auf Beklagtenseite, bisweilen an tiefer gehendem Verständnis für die Funktionsweise von erfolgreicher Suchmaschinenoptimierung zu fehlen.